Samstag, 27. Oktober 2012

Toleranz und Intoleranz



Hallo liebe Leser,
heute möchte ich mich mal wieder einem Thema zuwenden, worüber ich schon seit einer Weile etwas schreiben wollte.

In unserer heutigen Gesellschaft wird der Wert Toleranz im Allgemeinen sehr geschätzt und soll möglichst von jedem verinnerlicht werden. Tolerant zu sein, bedeutet für mich, andere Lebensweisen und Verhaltensweisen, Menschen und sonstige Sachen nicht zu verurteilen, sondern zu akzeptieren, respektieren und anzuerkennen.
Dazu ist es nötig, die Welt in möglichst vielen verschiedenen Perspektiven wahrzunehmen, um sich ein Bild von der Gesamtheit machen zu können. Wer nur an seiner Perspektive festhält, dem wird die Toleranz anderer Ansichten auf die Welt sehr schwer fallen.
Ich versuche eigentlich in der Regel möglichst mehrere Betrachtungsweisen zu einem Thema einzunehmen, um mir ein Bild von der Gesamtheit machen zu können. Natürlich gelingt das nicht immer, jedoch finde ich es wichtig, dass man versucht, Probleme auch auf andere Weisen unter die Lupe zu nehmen, als man es gewohnt ist.

Doch wie sieht es mit heiklen Themen oder destruktiven Lebensweisen aus?

Beispiel: Rechtsradikalismus.
Wenn Rechtsextreme gegen Ausländer sind, sind sie natürlich intolerant. Doch wie steht es mit der toleranten und liberalen Bevölkerung? Diese hat meist nichts gegen Ausländer, sieht sie gern als Teil dieser Gesellschaft und ist ihnen demzufolge tolerant gegenüber. Gleichzeitig entsteht so allerdings auch eine Intoleranz gegenüber den Rechtsradikalen.

Beispiel: Schwangerschaftsabbruch.
Ich bin der Meinung, dass eine Frau selbst entscheiden darf, ob sie ein ungeborenes Kind behalten möchte oder nicht. Damit toleriere ich voll und ganz die Idee davon, dass eine Abtreibung erlaubt sein sollte (es sei jetzt mal dahingestellt, aus welchen Gründen). Der katholische Teil dieser Gesellschaft dürfte das Problem allerdings ganz anders betrachten. Für die Anhänger dieses Glaubens ist es (soweit ich weiß) absolut untragbar, dass eine Frau ihre Schwangerschaft abbricht. (Das mag nicht für alle Katholiken zutreffen, doch meist hört man Gegenstimmen zur Abtreibung aus dieser Ecke.)
Ich persönlich habe nichts gegen Gläubige, auch wenn ich selbst nicht gläubig bin. Somit bin ich von meiner Einstellung her eigentlich beiden Parteien dieses Beispiels (Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen möchten und Katholiken, die gegen Abtreibung sind) tolerant gegenüber. Doch wenn ich einem Katholiken von meiner Sichtweise erzähle, wird er womöglich denken, dass ich intolerant sei, was seinen Glauben angeht. Gleichzeitig ist die Schwangere davon überzeugt, dass ich ihr gegenüber tolerant bin und bezeichnet den Katholiken als intolerant.

Ich denke es ist klar geworden, was ich versucht habe auszudrücken. Wer stets versucht, tolerant zu sein, was ja ein an sich ehrbares Motiv ist, der ist auch gleichzeitig andere Perspektiven gegenüber intolerant, ohne das vielleicht zu wollen. Ich hoffe mit dem zweiten Beispiel ist auch deutlich geworden, was ich mit dem ersten nur kurz angerissen habe. Allerdings sollte jetzt niemand von mir denken, dass ich im Grunde genommen nichts gegen Rechtsextreme habe, dem ist nicht der Fall. Ansichten wie diese sollte man sich zwar vor Augen führen und auch darüber nachdenken, doch bin ich davon überzeugt, dass sie falsch sind und kann sie somit nicht tolerieren.

Vielleicht habe ich ja den ein oder andere auch zum Nachdenken angeregt.

In diesem Sinne, bis bald.
Lio