Hallo liebe Leser,
heute möchte ich mich mal wieder einem Thema zuwenden,
worüber ich schon seit einer Weile etwas schreiben wollte.
In unserer heutigen Gesellschaft wird der Wert Toleranz
im Allgemeinen sehr geschätzt und soll möglichst von jedem verinnerlicht
werden. Tolerant zu sein, bedeutet für mich, andere Lebensweisen und
Verhaltensweisen, Menschen und sonstige Sachen nicht zu verurteilen, sondern zu
akzeptieren, respektieren und anzuerkennen.
Dazu ist es nötig, die Welt in möglichst vielen
verschiedenen Perspektiven wahrzunehmen, um sich ein Bild von der Gesamtheit
machen zu können. Wer nur an seiner Perspektive festhält, dem wird die Toleranz
anderer Ansichten auf die Welt sehr schwer fallen.
Ich versuche eigentlich in der Regel möglichst mehrere
Betrachtungsweisen zu einem Thema einzunehmen, um mir ein Bild von der
Gesamtheit machen zu können. Natürlich gelingt das nicht immer, jedoch finde
ich es wichtig, dass man versucht, Probleme auch auf andere Weisen unter die
Lupe zu nehmen, als man es gewohnt ist.
Doch wie sieht es
mit heiklen Themen oder destruktiven Lebensweisen aus?
Beispiel: Rechtsradikalismus.
Wenn Rechtsextreme gegen Ausländer sind, sind sie
natürlich intolerant. Doch wie steht es mit der toleranten und liberalen
Bevölkerung? Diese hat meist nichts gegen Ausländer, sieht sie gern als Teil
dieser Gesellschaft und ist ihnen demzufolge tolerant gegenüber. Gleichzeitig entsteht
so allerdings auch eine Intoleranz gegenüber den Rechtsradikalen.
Beispiel: Schwangerschaftsabbruch.
Ich bin der Meinung, dass eine Frau selbst entscheiden
darf, ob sie ein ungeborenes Kind behalten möchte oder nicht. Damit toleriere
ich voll und ganz die Idee davon, dass eine Abtreibung erlaubt sein sollte (es
sei jetzt mal dahingestellt, aus welchen Gründen). Der katholische Teil dieser
Gesellschaft dürfte das Problem allerdings ganz anders betrachten. Für die
Anhänger dieses Glaubens ist es (soweit ich weiß) absolut untragbar, dass eine
Frau ihre Schwangerschaft abbricht. (Das mag nicht für alle Katholiken
zutreffen, doch meist hört man Gegenstimmen zur Abtreibung aus dieser Ecke.)
Ich persönlich habe nichts gegen Gläubige, auch wenn ich
selbst nicht gläubig bin. Somit bin ich von meiner Einstellung her eigentlich
beiden Parteien dieses Beispiels (Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen
möchten und Katholiken, die gegen Abtreibung sind) tolerant gegenüber. Doch
wenn ich einem Katholiken von meiner Sichtweise erzähle, wird er womöglich
denken, dass ich intolerant sei, was seinen Glauben angeht. Gleichzeitig ist
die Schwangere davon überzeugt, dass ich ihr gegenüber tolerant bin und bezeichnet
den Katholiken als intolerant.
Ich denke es ist klar geworden, was ich versucht habe
auszudrücken. Wer stets versucht, tolerant zu sein, was ja ein an sich ehrbares
Motiv ist, der ist auch gleichzeitig andere Perspektiven gegenüber intolerant,
ohne das vielleicht zu wollen. Ich hoffe mit dem zweiten Beispiel ist auch
deutlich geworden, was ich mit dem ersten nur kurz angerissen habe. Allerdings
sollte jetzt niemand von mir denken, dass ich im Grunde genommen nichts gegen
Rechtsextreme habe, dem ist nicht der Fall. Ansichten wie diese sollte man sich
zwar vor Augen führen und auch darüber nachdenken, doch bin ich davon
überzeugt, dass sie falsch sind und kann sie somit nicht tolerieren.
Vielleicht habe ich ja den ein oder andere auch zum
Nachdenken angeregt.
In diesem Sinne, bis bald.
Lio